BGH-Urteil setzt starkes Zeichen: ZFU-Zulassung als Qualitätsstandard im E-Learning-Markt
Fragwürdige Coaching-Programme und KI-generierte Online-Kurse überfluten den deutschen Bildungsmarkt. Bislang konnten auch wenig qualifizierte Anbieter ohne ZFU-Zulassung Online-Kurse, Coachings oder E-Learnings verkaufen – sofern sie in AGB oder Vermarktung klarstellten, dass sich das Angebot ausschließlich an Unternehmer richtet.
Mit seinem Urteil vom 12. Juni 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) dieser Praxis ein Ende gesetzt und damit ein deutliches Signal für Qualitätskontrolle und Standards im Fernunterricht gegeben.
Die Stimmung in der Branche ist gespalten: Während ZFU-zertifizierte Bildungsanbieter aufatmen, ziehen sich zukunftsorientierte AI-First EdTechs teilweise aus dem deutschen Markt zurück.
Bleibt die Frage: Sichern strenge Zertifizierungsprozesse die Qualität – und bremsen dabei die Innovation? Oder gibt es einen Weg, Qualität und Geschwindigkeit in der digitalen Weiterbildung miteinander zu verbinden?
Zum Auffrischen:
FernUSG, ZFU und Zulassungspflicht kurz erklärt
Was ist ZFU?
ZFU = Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht
Prüft und genehmigt Kurse, um Teilnehmer vor ungeeigneten oder unseriösen Angeboten zu schützen.
Was bedeutet FernUSG?
FernUSG = Fernunterrichtsschutzgesetz
Regelt die Zulassungspflicht für entgeltliche Lehrangebote, die überwiegend räumlich getrennt stattfinden und eine Lernerfolgskontrolle beinhalten.
Wann sind Kurse ZFU-Zulassungspflichtig?
Entgeltliche Wissensvermittlung
Überwiegend räumliche Trennung (z. B. Online-Formate)
Lernerfolgskontrolle (Tests, Fragen, Feedback)
Die Bisherige Grauzone:
Viele E-Learning-Anbieter gingen bislang davon aus, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) und die Pflicht zur ZFU-Zulassung ausschließlich für Verbraucher im Sinne des § 13 BGB gelten.
Das bedeutete in der Praxis: Wer seine Kurse und Coachings gezielt an Unternehmen oder Selbstständige verkaufte, wähnte sich auf der sicheren Seite und sparte sich das aufwendige Zulassungsverfahren. Diese Sichtweise hat sich über Jahre in der Branche verfestigt – nicht zuletzt, weil sie in Teilen der Rechtsprechung und Fachliteratur vertreten wurde.
Das BGH-Urteil 2025:
Mit der Entscheidung vom 12. Juni 2025 hat der Bundesgerichtshof diese Annahme endgültig widerlegt: Auch Kurse für Unternehmerkunden fallen unter die ZFU-Zulassungspflicht, wenn das Kursangebot die gesetzlichen Kriterien des FernUSG erfüllt. Der BGH betont, dass der Schutzgedanke des Gesetzes nicht an die Person des Teilnehmers gebunden ist, sondern am Vertragsgegenstand selbst.
Sprich: Sobald ein Kurs entgeltlich Wissen oder Fähigkeiten vermittelt, überwiegend räumlich getrennt stattfindet und eine Lernerfolgskontrolle beinhaltet, greift das FernUSG – unabhängig davon, ob der Käufer ein Student, ein Angestellter oder ein Geschäftsführer ist.
Für Bildungsanbieter bedeutet das: Die Zielgruppe schützt nicht vor der Zulassungspflicht – und wer sich darauf verlässt, riskiert im Ernstfall nichtige Verträge, Bußgelder und teure Rückabwicklungen.
Hintergrund: Warum das BGH-Urteil kam
Die Entscheidung vom 12. Juni 2025 ist keine abstrakte juristische Weichenstellung, sondern eine Reaktion auf reale Missstände im boomenden Coaching- und E-Learning-Markt. Die Verbraucherzentralen berichten seit Jahren von wiederkehrenden Mustern, die auch im B2B-Segment auftreten:
Umgehung von Widerrufsrechten durch „B2B-Label“
Anbieter lassen Kund:innen ankreuzen, sie handelten als Unternehmer – so sollen Widerrufsrechte entfallen. Das ist im Digital-Coaching-Markt gängige Praxis.Aggressive High-Ticket-Vertriebsstrategien
Hochpreisige Programme werden unter Zeitdruck und mit Heilsversprechen verkauft. Vertragsdetails bleiben oft vage, das Konzept unscharf.Intransparente Inhalte und „Betreuung“ als Lockmittel
Marketing mit Versprechen persönlicher Begleitung (Q&A, Feedback, Korrekturen) – diese Elemente lösen aber gerade die ZFU-Pflicht aus, wenn es sich um entgeltliche, räumlich getrennte Wissensvermittlung handelt.Mehrfachverkauf von Anschlussprogrammen
Statt das vereinbarte Ziel zu erreichen, werden immer neue (und teure) Folgekurse verkauft – oft verbunden mit der „Idee“, selbst Coach zu werden.Vertragsfallen
Unklare Zieldefinition, schwammige Leistungsbeschreibung, fehlende Kündigungsmöglichkeiten. Häufig werden sofort digitale Inhalte bereitgestellt, um das Widerrufsrecht auszuschalten.
Die ZFU-Zulassungspflicht soll hier als präventiver Qualitätsfilter wirken: Vor der Vermarktung prüft die Behörde Didaktik, Vertragsbedingungen und Betreuungskonzept – und schützt so Teilnehmende, egal ob Verbraucher oder Unternehmer.
Regulierter vs. unregulierter Online-Bildungsmarkt in Deutschland
Auf der einen Seite stehen die ZFU-zertifizierten Bildungsanbieter – der regulierte Kernmarkt, in dem Didaktik, Betreuung und Vertragsbedingungen vorab geprüft werden. Laut aktueller Statistik umfasst dieser Bereich 529 Anbieter mit insgesamt 4.472 zugelassenen Fernlehr- und Fernstudiengängen.
Auf der anderen Seite existiert ein deutlich größerer unregulierter Markt, in dem vor allem Online-Coachings und digitale Selbstlernprogramme angeboten werden – häufig ohne jede staatliche Qualitätsprüfung. Branchenexperten schätzen, dass 95–99 % dieser Programme nach den Kriterien des Fernunterrichtsschutzgesetzes eigentlich zulassungspflichtig wären, bislang aber ohne ZFU-Zertifizierung verkauft wurden.
Die folgenden Diagramme zeigen, wie sich der regulierte Markt aktuell zusammensetzt – und wie groß der Anteil unregulierter Angebote im Verhältnis dazu geschätzt wird.
529 zertifizierte Anbieter
4472 zertifizierte Fernstudiengänge
Schätzung: Online-Coachings in Deutschland in Prozent
„According to experts, this decision … affects up to 95 – 99 % of all providers who sell online coaching or mentoring.“
Schätzung basierend auf Einschätzung von ITMediaLaw (Rechtskanzlei-Beitrag zum BGH-Urteil) (2025)
Regulierungsbedarf und Ausblick nach dem Urteil
Das BGH-Urteil hat ein branchenseitiges Beben ausgelöst – und es lenkt den Blick auf das Fernunterrichtsschutzgesetz selbst. Das FernUSG stammt aus dem Jahr 1976 und war ursprünglich für klassische Fernlehrgänge per Post konzipiert.
Digitale Lernformen, Live-Webinare oder hybride Coaching-Programme hatte der Gesetzgeber damals nicht vor Augen. Kritiker bemängeln, dass die aktuelle Rechtslage moderne Weiterbildung unnötig erschwert und teilweise realitätsfremd ist. Insbesondere die strikte Zulassungspflicht ohne Bagatellgrenze führt dazu, dass theoretisch schon kleinste Online-Seminare (etwa ein zweistündiger Videokurs für 99 €) eine aufwändige ZFU-Genehmigung benötigen. Die Kosten und bürokratischer Aufwand für eine solche Zulassung – oft jenseits von 1.000 € je Kurs – lohnen sich für einmalige oder sehr kurze Weiterbildungsformate kaum. Auch rein synchrone Live-Online-Trainings (z. B. ein einmaliges Zoom-Seminar), bei denen Lehrende und Lernende zeitgleich interagieren, fallen nach strenger Auslegung unter das FernUSG, obwohl sie faktisch eher einem Präsenztraining entsprechen.
Bildungsexperten und Verbände fordern daher dringend gesetzliche Nachbesserungen. So spricht sich etwa der Bundesverband der Fernstudienanbieter für eine Modernisierung des FernUSG aus, damit es die digitale Realität besser abbildet. Konkret werden Ausnahmen und Klarstellungen angeregt, etwa: Synchron durchgeführte Online-Seminare ohne Aufzeichnung explizit vom FernUSG auszunehmen, individuelles 1:1-Coaching (ohne standardisierte Lehrinhalte) vom Anwendungsbereich auszuklammern und Bagatellgrenzen einzuführen – z. B. keine Zulassungspflicht bei sehr kurzen oder kostengünstigen Kursen und bei reinen B2B-Trainings. Solche Anpassungen könnten den Verbraucherschutz bei umfangreichen, teuren Fernlernkursen aufrechterhalten, zugleich aber innovative Weiterbildungsformate und berufliche Kurz-Fortbildungen entlasten.
Bis der Gesetzgeber reagiert, herrscht jedoch Unsicherheit: Viele Anbieter stehen nun vor der Entscheidung, entweder massenhaft Zulassungsanträge für ihre Online-Kurse zu stellen – was zeit- und kostenintensiv ist – oder aber ihr Angebot radikal umzubauen (etwa hin zu reiner Beratung ohne “Lehrmaterial”).
Zertifizierung statt Innovation – riskiert Deutschland den Anschluss?
Führende Technologien entwickeln sich heute so rasant, dass klassische Ausbildungsbetriebe und Zertifizierungsverfahren für Lehrmaterialien kaum Schritt halten können. Bis ein neuer Lehrplan entwickelt, geprüft und zugelassen ist, hat sich das Wissen in vielen Fachbereichen schon wieder verändert.
Die einzige Möglichkeit, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten, ist die dynamische Erstellung von Lerninhalten in Echtzeit – durch KI-Systeme, die auf aktuelle Daten zugreifen und daraus sofort ein passendes, personalisiertes Lernprogramm generieren.
Gerade in technologiegetriebenen Branchen (IT, KI-Entwicklung, erneuerbare Energien) entscheidet diese Geschwindigkeit darüber, ob Deutschland seine Fachkräfte zeitgemäß ausbilden kann oder im globalen Wettbewerb den Anschluss verliert.
Entwicklungsgeschwindigkeit von Künstlicher Intelligenz:
Moderne KI-Systeme entwickeln sich in einem Tempo, das klassische Bildungs- und Zulassungsprozesse kaum abbilden können.
Laut AI Index Report 2025 wurden im Jahr 2023 weltweit über 242.000 wissenschaftliche Publikationen im Bereich Künstliche Intelligenz veröffentlicht. Das entspricht rund 28 neuen KI-Veröffentlichungen pro Stunde.
Hinzu kommt: Führende KI-Modelle erhalten im Schnitt alle 41 Tage ein signifikantes Update, oft mit völlig neuen Funktionen, die ganze Anwendungsfelder und Prozesse verändern.
Entwicklungs- und Prüfzeiten im E-Learning:
Die Erstellung eines professionellen E-Learning-Kurses kann – abhängig von Interaktivität und Medienumfang – zwischen 79 und 184 Stunden pro Kursstunde dauern (Articulate Blog).
Hinzu kommt für zulassungspflichtige Angebote die ZFU-Prüfung, die in der Regel bis zu 3 Monate dauert, bei Rückfragen oder notwendigen Nachbesserungen jedoch 6–9 Monate beanspruchen kann (Lawlikes).
Das bedeutet: Zwischen der Konzeption und dem Go-Live eines neuen Kurses kann leicht ein halbes Jahr oder mehr vergehen – in technologiegetriebenen Branchen oft genug Zeit, damit Inhalte bereits wieder veraltet sind.
AI-Tutoren – der nächste Evolutionsschritt im E-Learning
Die Entwicklung hochwertiger E-Learning-Angebote ist zeitintensiv: Inhalte müssen recherchiert, didaktisch aufbereitet, gestaltet und in ein passendes Lernformat gebracht werden. Professionelle e-Learning Produzenten nutzen bereits moderne KI-Tools für die Content-Erstellung und die Qualitätssicherung.
Für Bildungsanbieter sind AI-Tutoren ein strategisches Werkzeug, um Lernende personalisiert zu unterstützen, Lerninhalte effizient zu vermitteln und eine vollumfassende Lernerfahrung, DSGVO-konform bereitzustellen.
Der AI-Tutor von Alphabees ist kein gewöhnlicher KI-Chat, sondern ein individueller Lernbegleiter, der direkt auf die spezifischen Lernmaterialien des Bildungsanbieters zugreift und kontextbasierte Unterstützung liefert.
Was das in der Praxis bedeutet:
Nahtlose Integration
Einbindung des AI-Tutors als Teil der SCORM-Datei für jedes LMS. Oder Einbindung über ein speziell entwickeltes Plugin direkt in die Moodle Instanz.Kontextbezogenes Antworten
Zugriff ausschließlich auf deine Kursmaterialien – keine Websuche, keine ungesicherten Quellen. So entstehen passgenaue, qualitativ geprüfte Antworten.Personalisierte Unterstützung
Rückmeldungen sind individuell zugeschnitten – ob für Prüfungsvorbereitung, Verständnis komplexer Inhalte oder sprachliche Optimierung.Interaktives Lernen in Echtzeit
Der Tutor beantwortet Fragen sofort, schlägt passende Vertiefungsinhalte vor und generiert automatisch Übungen, Quizze und Reflexionsfragen.Selbsteinschätzung & Fehleranalyse
Verständnisabfragen, interaktive Quizze und gezielte Rückfragen helfen beim Erkennen von Wissenslücken – inklusive konkreter Empfehlungen zur Wiederholung.Aktive Lernbegleitung & Motivation
Erkennt automatisch, wann Lernende Unterstützung brauchen, und reagiert mit passenden Hilfen, motivierenden Impulsen oder alternativen Lernpfaden.Multilingual & barrierearm
Unterstützung in über 80 Sprachen – ideal für internationale Zielgruppen.Rund-um-die-Uhr verfügbar
24/7 erreichbar – Entlastung für Lehrkräfte, Flexibilität für Lernende.
KI-Tutoren im Kontext des fernUSG
Wichtig zu wissen: KI-Tutoren werden nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) häufig als Lernerfolgskontrolle gewertet.
Sobald ein Tutor aktiv Fragen stellt, Antworten bewertet oder konstruktives Feedback gibt, erfüllt er ein zentrales Kriterium, das ein Bildungsangebot ZFU-pflichtig machen kann.
Für nicht ZFU-zertifizierte Bildungsanbieter, die bislang E-Learnings ohne Lernerfolgskontrolle vertreiben, kann der Einsatz eines vollumfänglichen KI-Tutors daher rechtliche Folgen haben.
Die Lösung: Alphabees bietet spezielle KI-Tutor-Templates mit reduziertem Funktionsumfang. So lässt sich die Interaktivität erhöhen und das Lernerlebnis verbessern, ohne dass das E-Learning als Lernerfolgskontrolle eingestuft wird.
Für ZFU-zertifizierte Anbieter:
Das Tutor Basic Template von Alphabees
Voller Funktionsumfang mit allen Vorteilen moderner KI-Lernbegleitung:
Automatisierte Quizze und Tests – generiert aus deinen Kursinhalten, inklusive sofortiger Auswertung.
Gezielte Verständnisfragen – erkennt Wissenslücken und hakt nach.
Personalisierte Feedbackschleifen – liefert individuelle Verbesserungsvorschläge und Wiederholungsempfehlungen.
Für nicht ZFU-zertifizierte Anbieter:
Q&A Template (ohne Lernerfolgskontrolle)
Bietet eine reine Frage-Antwort-Funktion ohne Bewertung oder Prüfung – Lernende können jederzeit Fragen zu Kursinhalten stellen, ohne dass es rechtlich als Lernerfolgskontrolle gilt.Q&A Advanced Template (ohne Lernerfolgskontrolle)
Erweiterte Frage-Antwort-Funktion mit tiefergehender Kontextanalyse, aber ebenfalls ohne automatisierte Bewertung oder Tests – ideal für Interaktivität ohne ZFU-Pflicht.